Dresden (ots) –
Zum Weltmännertag am 3. November veröffentlichte die Bundesfach- und Koordinierungsstelle Männergewaltschutz (BFKM) die dritte Nutzungsstatistik der Männerschutzeinrichtungen in Deutschland. Mehr als jeder zweite Mann, der sich meldete, musste demnach wegen Vollauslastung der Schutzeinrichtungen abgewiesen werden. Ein Ausbau des Hilfesystems für Männer ist deshalb notwendiger denn je. Auch das Hilfesystem für betroffene Frauen, die wesentlich mehr und härter betroffen sind, gehört dringend besser unterstützt. Zudem müssen Prävention und Sensibilisierung weiter verbessert werden.
Die nunmehr dritte Nutzungsstatistik der Männerschutzeinrichtungen (MSE) in Deutschland enthält Daten zu den Betroffenen und zu den Rahmenbedingungen der Arbeit in den Männerschutzeinrichtungen im Jahr 2023, erstmals im Vergleich mit den beiden Vorjahren. Diese Auswertung bildet das Hellfeld der von häuslicher Gewalt betroffenen Männer ab, die Kontakt zu einer Männerberatungsstelle aufgenommen haben. Viele der 523 Männer kommen für eine Unterbringung in einer Schutzwohnung infrage – doch die Anzahl der Plätze bundesweit ist zu gering.
Zur Meldung mit Diagrammen und grafischen Darstellungen bitte hier klicken (https://www.maennergewaltschutz.de/pressemitteilungen/pm-zahl-der-betroffenen-maenner-erneut-gestiegen/).
Die Gründe für den Nichteinzug in eine der Männerschutzwohnungen waren verschieden. Mehr als jede zweite Ablehnung musste jedoch wegen Vollauslastung der betreffenden MSE erfolgen.
Die meisten Bewohner von Männerschutzeinrichtungen im Berichtsjahr 2023 hatten ihren Wohnsitz im selben oder angrenzenden Landkreis. Die BFKM fordert deshalb den flächendeckenden Ausbau des Männergewaltschutzsystems, denn es kann davon ausgegangen werden, dass eine große Anzahl an Männern nicht erreicht wird. Das Hilfesystem für Männer kann mit aktuell 15 Wohnungen mit 49 Plätzen in nur 5 von 16 Bundesländern keinesfalls den Schutzanspruch für alle betroffenen Männer einlösen.
Jana Peters, Fachreferentin Statistik der BFKM:
„Dass Männer am ehesten Hilfeangebote in ihrer Nähe in Anspruch nehmen wollen, ist logisch, denn die meisten der Betroffenen stehen beruflich und familiär mitten im Leben. Sie müssen zur Arbeit gehen und wollen – wenn vorhanden – meist ebenso wie ihre Partnerinnen für gemeinsame Kinder sorgen. Doch nach wie vor haben wir in den meisten Bundesländern keine Plätze in Männerschutzwohnungen. Das ist eine erhebliche Unterversorgung, die zu erheblich mehr ungesehenem Leid führt. Die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung müssen bitte dringend deutlich mehr Verantwortung übernehmen.“
Der aktuelle Bestand von Schutzwohnungen ist keinesfalls bedarfsgerecht oder flächendeckend. Die BFKM empfiehlt in Anlehnung an die Kienbaum-Kostenstudie zum Hilfesystem für Betroffene von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt mindestens einen Familienplatz für Männer und ihre Kinder pro 200.000 Einwohner*innen. Das entspräche bspw. für Niedersachsen 40 Plätzen für Männer und ihre Kinder, aktuell gibt es in dem Bundesland keinen einzigen geförderten Platz.
In nahezu allen Fällen berichteten die Bewohner, psychische Gewalt erlebt zu haben. Sie wurde in der überwiegenden Mehrheit der Fälle im Kontext mit anderen Gewaltformen genannt. Das bedeutet, dass der Mehrheit der Betroffenen mehr als eine Gewaltform widerfuhr. Diese Zahlen entsprechen dem Trend der Vorjahre und vorhandenen Studienergebnissen. Sie verdeutlichen die Notwendigkeit von Schutzräumen und Rückzugsmöglichkeiten für betroffene Männer.
Frank Scheinert, Geschäftsführender Bildungsreferent der BFKM:
„Häusliche Gewalt gegen Männer bleibt in Deutschland ein Tabu, dem mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden muss. Mit unserer zum dritten Mal erstellten Nutzungsstatistik tun wir genau das – erstmals im Zeitreihenvergleich. Dass die Zahl der betroffenen Männer, die sich Hilfe geholt haben, erneut gestiegen ist, ist für Einzelne besonders schlimm – aber es spricht für die langsam gelingende Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das wichtige Thema. Denn es ist schlimm, aber keine Schande, als Mann betroffen zu sein. Und nur, wer sich Hilfe holt, hat Aussicht auf Besserung. Außerdem setzt er auch ein Zeichen, dass Männer nicht immer nur stark, sondern auch verletzlich sein können.“
Die BFKM geht mit erweitertenen Sensibilisierungsmaßnahmen unter dem Titel „Ohne Gewalt leben, Mann“ an die Öffentlichkeit. Wir konnten vier weitere Personen gewinnen, die der Kampagne ihr Gesicht leihen. Die Motive werden u.a. auf Gratispostkarten, als In-App-Werbung sowie vermehrt auf unseren social media-Kanälen (https://www.maennergewaltschutz.de/neuigkeiten/bfkm-goes-tiktok/) eingesetzt. Die Zielseite www.ohne-gewalt-leben.de, die unter anderem eine Kontaktlandkarte für Hilfesuchende bietet, ist jetzt auch in englischer Sprache verfügbar.
Die Nutzungsstatistik steht hier (https://www.maennergewaltschutz.de/neuigkeiten/nutzungsstatistik-maennerschutzwohnungen-2023/) zum Download zur Verfügung. Auf der Internetseite kann auch die gedruckte Version kostenfrei angefordert werden.
Der Weltmännertag am 3. November wurde als Aktionstag zur Männergesundheit erstmals im Jahr 2000 durch Andrologen der Universität Wien ausgerufen. Er soll genutzt werden, um das Bewusstsein für gesundheitliche Themen bei Männern zu stärken. Gewaltfreies Leben gehört unbedingt dazu.
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