Hamburg (ots) –
Die USA in der Mitte der 1930er Jahre: Sengende Hitze und Sandstürme haben die Böden Oklahomas ausgetrocknet. Nach der Klimakatastrophe kommen Banken und Großkapital und verjagen die Farmer von ihrem Land. Heimat- und mittellos ziehen sie über die Route 66 nach Kalifornien. Unter den Flüchtlingen im eigenen Land befinden sich Tom Joad und dessen Familie. Die als „Okies“ verspotteten Migranten erleben Arbeitslager, Hunger und Verzweiflung. Die Joads kämpfen um Würde, faire Bezahlung und um den Zusammenhalt der Gemeinschaft.
Die 1959 in Osnabrück geborene Hörspielregisseurin Christiane Ohaus bearbeitete und inszenierte John Steinbecks Roman „Früchte des Zorns“ („The Grapes of Wrath“) für den NDR als packendes Roadmovie.
2024 ist John Steinbecks preisgekröntes Epos von 1939 ein Stoff der Stunde, der Zusammenhänge zwischen Wirtschaftskrise und Klimawandel, Migrationsbewegung und Rassismus vorführt. Ein wütender Appell an die Menschlichkeit – gegen die Ausbeutung von Menschen und Natur, findet auch die mitwirkende Schauspielerin Johanna Gastdorf: „Die Aktualität ist ja geradezu erschütternd. Menschengemachte Umwelt- und Wirtschaftskatastrophen bestimmen auch unsere Zeit. Der Fremdenhass, den die Joads in seiner ganzen Brutalität erleben, die mangelnde Empathie in unserer Gesellschaft, ist eine unübersehbare Parallele.“
Schon im Jahr der Veröffentlichung bewegte der in den USA erschienene Roman „Früchte des Zorns“ das ganze Land. Steinbecks scharfer, sozialkritischer Blick in die Abgründe der damaligen Zeit provozierte massive Kritik der Großgrundbesitzer und Kirchen. Gegendarstellungen wurden verfasst und Steinbeck erhielt sogar Morddrohungen. Dem in nur hundert Tagen zu Papier gebrachten Buch ging eine lange Recherche und Reportage-Serie für die San Francisco News über das Schicksal der Wanderarbeiter auf kalifornischen Obstplantagen voraus. „Ich muss in die ‚interior valleys‘ reisen. Es ist erschütternd, wie viele Kinder in unseren Tälern verhungern. Ich will die geizigen Schweinehunde, die dafür verantwortlich sind, öffentlich beschämen“, so Steinbeck in einem Brief an seine Agentin. „In ganz Kalifornien könnten die Ernten ohne diese Fremden nicht eingebracht werden.“ Ein Jahr später wurde Steinbeck mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet, die Oscar-prämierte Verfilmung von John Ford, mit Henry Fonda als „Tom Joad“, machte das Werk zu einer Legende.
Mehr als 40 Schauspielerinnen und Schauspieler wirkten im NDR Hörspielstudio mit – allen voran Burghart Klaußner als „Erzähler“, Patrick Güldenberg als „Tom Joad“, Johanna Gastdorf als „Ma Joad“, Rainer Bock als „Pa Joad“, Gustav Peter Wöhler als „Jim Casy“, Linn Reusse als „Rose of Sharon“, Werner Wölbern und Astrid Meyerfeldt als „Chronisten“ und viele mehr. Das Ergebnis ist eine beeindruckende Ensemble-Leistung voller bewegender Momente.
„Mein besonderes Erlebnis als Erzähler im Studio war, dass mir beim Vorlesen in der Wüste so heiß, in der Kälte so kalt und in der Gemeinschaft so warm ums Herz wurde“, erzählt Burghart Klaußner über die Arbeit im Studio. Rainer Bock faszinierte besonders die Hörspielbearbeitung: „Der Text – nebenbei, eine bemerkenswerte Bearbeitung des Romans, einfach großartig! – hat mich zutiefst berührt und aufgewühlt, weil Ungerechtigkeit und sozialer Missstand, in welcher Gesellschaft auch immer, Zeit meines für politische Fragestellungen zuständigen bewussten Lebens eine fordernde Rolle gespielt haben.“
Wie schon bei der preisgekrönten Hörspieladaption „Jenseits von Eden“ („East of Eden“), die NDR Kultur an Weihnachten 2024 in der ARD Audiothek veröffentlicht, kam es erneut zu einer Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Komponistin und Sängerin Stephanie Nilles und dem Musiker Thomas Deakin. Der Soundtrack für die neue und insgesamt neun Stunden umfassende Serie variiert zwischen Folk, Jazz, Country, Bluegrass, klassischen Klavierstücken und vom musikalischen Theater Kurt Weils inspirierten Arrangements. Die Redaktion und Dramaturgie im NDR lag bei Michael Becker.
„Es gibt Verbrechen hier, die nicht zu schildern sind. Es gibt Leid hier, das Tränen nicht ausdrücken können. Und in den Augen der Hungernden steht ein wachsender Zorn. In den Herzen der Menschen wachsen die Früchte des Zorns und werden schwer, schwer und reif zur Ernte“, heißt es an der zentralen, titelgebenden Stelle in Steinbecks Geschichte. Doch es zeigt sich, dass die wahren „Früchte des Zorns“ nicht noch mehr Hass sind, vielmehr sind es Solidarität mit seinen Mitmenschen und Nächstenliebe, Zivilcourage und der Wille gegen Ungerechtigkeit aufzustehen.
Ab sofort ist die Geschichte erstmals als Hörspielserie in 12 Folgen von NDR Kultur in der ARD Audiothek abrufbar unter https://1.ard.de/fruechtedeszorns.
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