München (ots) –
Die Unabhängige Kommission zur Anerkennung und Aufarbeitung erlittenen Unrechts hat ihren Abschlussbericht nach über zweijähriger Arbeit an den Vorstand des SOS-Kinderdorf e.V. übergeben. Der Verein hatte die Kommission damit beauftragt, die Maßnahmen des Vereins im Umgang mit pädagogischem Fehlverhalten in der Vergangenheit und Gegenwart zu bewerten und aufzuarbeiten. Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende des SOS-Kinderdorf e.V., dankte den Mitgliedern der Kommission für ihre Arbeit und sicherte zu, die Empfehlungen der Kommission aufzugreifen und umzusetzen: „Der Bericht der Unabhängigen Aufarbeitungskommission zeigt deutlich, dass es bei SOS-Kinderdorf seit seiner Gründung vor fast siebzig Jahren zu Unrecht, Machtmissbrauch und Grenzüberschreitungen gekommen ist. Wir sind zutiefst erschüttert über die Vorkommnisse und bitten alle Betroffenen aufrichtig um Entschuldigung. Wir haben nicht immer gut genug hingehört, nicht alle Beschwerden ernst genommen und nicht angemessen reagiert. Dafür übernehmen wir die Verantwortung.“
Prof. Schutter dankte den Betroffenen, die sich an den Verein oder die Kommission gewandt hatten, für ihren Mut, ihre Geschichte zu erzählen. Nur so könne sich SOS-Kinderdorf stetig weiter verbessern. Die Aufarbeitung ist laut der Vorstandsvorsitzenden mit dem Kommissionsbericht nicht abgeschlossen: „Wir versprechen: Wir werden jeder Meldung von Unrecht, die uns zur Kenntnis gebracht wird oder wurde, schnell und umfassend nachgehen und im Sinne der Betroffenen handeln. Denn jeder Fall ist einer zu viel.“
Betroffene in den Mittelpunkt stellen
Die Unabhängige Kommission hat alle Meldungen von Unrecht untersucht, die dem SOS-Kinderdorfverein seit seiner Gründung vorlagen. Zusätzlich hat die Kommission mit Betroffenen gesprochen, die sich in den vergangenen zwei Jahren an die Kommission gewandt haben.
Prof. Klaus Schäfer, Vorsitzender der Unabhängigen Kommission, sagte: „Grenzverletzungen und Übergriffe gegenüber den anvertrauten Kindern hat es bei SOS-Kinderdorf nicht nur in der Vergangenheit gegeben, sondern auch in der jüngeren Zeit bis heute. Der Bericht legt einen Grundstein für die weitere Aufarbeitung, die gegenüber den Betroffenen von mitfühlendem Erinnern, Aufklärung und Anerkennung des erlittenen Leids geprägt sein muss. Die Kommission übersieht nicht die positiven Entwicklungen beim Kinderschutz bei SOS-Kinderdorf. Ergänzend dazu ist es aber unerlässlich, dass die Aufarbeitung auf der Grundlage eines Konzepts fortgesetzt wird und Betroffene mit einbezogen werden.“
Für den Zeitraum von 1976 bis Juni 2023 nennt die Unabhängige Kommission 189 Meldungen über Grenzüberschreitungen. Gut die Hälfte der Meldungen (53 Prozent) bezieht sich auf „körperliche Übergriffe“, „emotionale Übergriffe“ oder die „Verletzung der Privatsphäre“. Etwas weniger als die Hälfte machen mit 47 Prozent Meldungen von „sexuellen Übergriffen“ aus. In den untersuchten Meldungen gingen in 49,7 Prozent die Unrechtshandlungen von Mitarbeitenden des Vereins aus, in 19,6 Prozent von anderen betreuten jungen Menschen, in 6,9 Prozent von Erwachsenen, die nicht bei SOS-Kinderdorf arbeiteten, und 1,1 Prozent waren Meldungen von Selbstgefährdung von Betreuten. Der Rest der Meldungen bezog sich auf mehrere Personengruppen.
„Kinderschutz geht uns alle an“
Bei der Vorstellung des Abschlussberichts sagte die Vorstandsvorsitzende: „Die Empfehlungen der Unabhängigen Kommission sind für uns von unschätzbarem Wert. Wir werden unser künftiges Handeln daran ausrichten. Bereits im Juli 2024 haben wir einen unabhängigen Ausschuss für Anerkennungsleistungen für Betroffene eingerichtet, und wir werden unsere Anlaufstellen für Betroffene weiter stärken“, so Prof. Schutter.
Der Abschlussbericht ist verfügbar unter https://www.sos-kinderdorf.de/ueber-uns/kinderschutz/abschlussbericht-kommission
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